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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Reise 5/2009

Was bleibt?

Foto: www.linz09.atAm Hauptplatz zeigt Linz barocke Schönheit mit österreichischem Charme und ­traditionellen Kaffeehäusern.

Trotz aller Spektakel und Feuerwerke: Der Tourismusdirektor möchte in Linz etwas Nachhaltiges schaffen.

Linz verändert. Das offizielle Motto der Stadt lässt offen, wer oder was wen verändert. Georg Steiner, Tourismusdirektor der Stadt Linz, setzt vor allem auf Entschleunigung. Der 50-jährige Betriebswirt, der zuvor Geschäftsführer des Tourismusverbandes Ostbayern war, möchte, dass die Besucher und auch die Linzer selbst ihren Blick auf die Stadt verändern und ab und zu zur Ruhe kommen. Es sind die Metathemen, die den Tourismuschef umtreiben, und die Fragen nach den Herausforderungen unserer Zeit, auf die die Kulturhauptstadt Antworten finden soll.

Das will zunächst einmal wenig zu den vielen Spektakeln und Events passen, die der aus der Schweiz stammende Kulturhauptstadt-Intendant Martin Heller übers Jahr nach Linz holt. Doch Georg Steiner sieht es nicht als seine Aufgabe an, eine touristische Kulisse zu vermarkten oder den Kunst-Jetset zu bedienen. Steiner will über das Kulturhauptstadt-Jahr hinaus Bleibendes schaffen. Viele Programmpunkte des Kulturkalenders übers Jahr sind Themen, die Linz nachhaltig prägen könnten, sagt Steiner.

Das Ohr hat keine Augenlider

So will Linz akustische Modellstadt Europas werden. „Das Ohr hat keine Augenlider“, beschreibt Georg Steiner das Ausgeliefertsein an die heute übliche Zwangsbeschallung. Deshalb hat die Stadt überall Ruhepole eingerichtet, eine Ruhe-Charta beschlossen und das Turmzimmer des Doms an ausgewählte Eremiten auf Zeit vergeben. Den österreichischen Dichter Adalbert Stifter, der lange Jahre in Linz lebte, nimmt Tourismusdirektor Steiner als „Ruhestifter“ in Anspruch. Unter dem Motto „mehr Lebensqualität durch Entschleunigung“ laden im Stifterhaus zeitgenössische Schriftstellerinnen und Schriftsteller das ganze Jahr über zu „Literatur-Mahlzeiten und Alltagsberuhigung“.

„Was hat Europa davon, dass Linz Kul­turhauptstadt geworden ist?“ Ginge es nach Steiner, sollen Besucher und Einheimische hier lernen, was für die Zukunft wirklich wichtig ist: Mensch bleiben und Orientierung finden. „Wir wollen nicht am Erfolg der Spektakel zu­grunde gehen, sondern uns die Ruhe nehmen, im 21. Jahrhundert anzukommen“, sagt Steiner, „alles andere wäre Schall und Rauch.“

Uta Linnert

fairkehr 5/2023