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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Editorial 1/2009

Mehr vom Gleichen

Foto: Marcus Gloger

Eine Schreckensnachricht traf Anfang Februar die Eisenbahnerszene. Märklin hat Insolvenz angemeldet. Leider das falsche Produkt. Ich bin sicher, wenn Märklin verspricht, in Zukunft nur noch Modellautos zu bauen, steht einer großzügigen Staatshilfe nichts mehr im Weg. Die Schlichtheit der politischen Konzepte ist angesichts der Größe der Aufgabe erschreckend.

Milliarden Subventionen für eine Autoindustrie, die wirklich auf die falschen Produkte setzt. Der VCD sollte Staathilfe für die Auto-Umweltliste und für sein wirklich CO2-orientiertes Kfz-Steuerkonzept beantragen. Er ist der geistige Zulieferer der Autoindustrie. ­Allerdings mit Sinn und Verstand und daher nicht erwünscht.

Deutschlands Regierung hat keinen Plan für die Zukunft. Leider. Denn wir brauchen die Politik. Oder würden Sie den Zumwinckels, Wiedekings, Mehdorns oder Ackermanns unsere Zukunft anvertrauen? Wenn die Politik doch mehr Gestaltungswillen und Ideen oder einfach nur Mut hätte! Sicher, die Aufgabe ist komplex. Nicht jede Politikergeneration hat es mit einer Weltwirtschaftskrise und einer Weltklimakrise gleichzeitig zu tun. Aber man muss die Dinge doch zusammendenken! Man kann nicht einfach weitermachen wie bisher und auf die nächste Wahl schielen – ­gespeist von der tönernen Hoffnung, dass die Wirtschaft so, wie sie bisher funktioniert hat, mit einigen hundert Milliarden Schmiermitteln weiterläuft.

Sie muss anders funktionieren. Sie muss sich an der Nachhaltigkeit ihrer Produkte messen lassen. Und an ihrer Innovationsfähigkeit mit Blick auf den Klimawandel. Die Politik muss die ­Unternehmen daran messen.
Achtzigtausend Millionen Euro pumpt die Bundesregierung mit ihren beiden Konjunkturprogrammen in die Wirtschaft. So viel Geld schafft Fakten auf Jahrzehnte. Der notwendige Neuanfang, der eine nachhaltige Finanzwirtschaft und eine CO2-sparende Wirtschaftsweise anstößt, wäre mit so viel Geld möglich. Der einzige Politiker, dem man diesen Neuanfang derzeit zutraut, ist Barack Obama. Deshalb wird er weltweit messianisch überhöht.

In Deutschland kein „Change“, ­nirgends. Wir Deutsche greifen in die volkswirtschaftliche Mottenkiste und bauen Straßen. Mit der verlogen als „Umweltprämie“ bezeichneten, milliardenteuren Abwrackhilfe wird die Wegwerfmentaliät bei Autos gefördert. Der VCD forderte zum zweiten Konjunkturprogramm der Großen Koalition zu Recht eine „Abwrackprämie für altes Denken“. Auch wenn die Überschriften es anders suggerieren: Nicht eine der Autosubventionen der letzten Monate hat in Sachen CO2-Einsparung Nennenswertes bewegt.

Und als ob das nicht schon genug verkehrspolitische Steinzeit wäre, verbietet die Bundesregierung in ihrem kommunalen Investitionsprogramm auch noch ausdrücklich, Geld in Bus und Bahn zu investieren. Ja, sind die noch bei Trost?
Im Dezember trifft sich die Welt in Kopenhagen, um über ein Kyoto-Folgeabkommen zum Klimschutz zu verhandeln. Yvo de Boer, Chef des UN-Klima­sekretariats, sagte kürzlich im Interview mit der Süddeutschen Zeitung: „Unser Lebensstil muss sich radikal ändern.“ Die deutsche Regierung tut gerade alles, um das zu verhindern.

Michael Adler

fairkehr 5/2023