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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Service 3/2017

Wem nützen Wanderstöcke?

Trekkingstöcke entlasten bergab die Gelenke und geben Stabilität in unebenem Gelände und bei Regen, sagt Bewegungscoach und Physiotherapeutin Barbara Ruthotto im Interview.

Foto: LEKI/Claudia ZiegleAnfangs belächelt, heute etabliert – und das nicht nur im Hochgebirge: Wandern mit Stockeinsatz

fairkehr: Was halten Sie von Trekking­stöcken?
Barbara Ruthotto: Der Einsatz von Trekkingstöcken hat Vor- und Nachteile. Ich persönlich nutze sie und empfehle sie Klienten, die geschädigte Kniegelenke haben oder eine belastete,  schmerzende Wirbelsäule.

Welche Vorteile haben Stöcke?
Vor allem beim Bergabgehen entlasten sie die Gelenke. Man setzt nicht nur seine Beinmuskulatur ein, sondern auch die Arme und den Schultergürtel. So fängt man über die Stöcke Gewicht ab, das dann nicht auf den Kniegelenken lastet. Das schont auch die Wirbelsäule, Fuß- und Hüftgelenke. Außerdem bieten die Stöcke Trittsicherheit – gerade in gerölligem und unebenem Gelände. Und bei Schnee, Glätte,
Nässe oder wenn es dunkel wird. Selbst wer eine gute Koordination hat, rutscht dann ohne Stöcke leichter aus. Am Ende einer Etappe, wenn man schon müde ist, helfen Stöcke, die letzten Kilometer bis zur Hütte besser zu schaffen.

Und die Nachteile?
Wer ständig Stöcke benutzt, fordert den Gleichgewichtssinn nicht ausreichend.  Alles, was wir wenig benutzen, baut der Körper ab. Wer also immer mit Stöcken geht und plötzlich ohne Unterstützung laufen muss, wird Schwierigkeiten mit der Trittsicherheit haben. Insofern rate ich meinen Patienten – und so mache ich es auch selbst – Stöcke dort, wo mansie nicht braucht, in den Rucksack zu packen. Zum Beispiel auf ebener Strecke, bei überschaubaren Abstiegen oder auf kleinen Spaziergängen.

Foto: privatBarbara Ruthotto arbeitet als Physiotherapeutin, Bewegungscoach und Yogalehrerin in Bonn.

Wann sind Trekkingstöcke Ihrer Meinung nach ein absolutes Muss?
Für jeden, der große Lasten zu tragen hat wie einen schweren Rucksack, oder bei starkem Übergewicht. Dann sind die Gelenke sowieso sehr belastet, was sich bergab noch potenziert.

Und bergauf?
Hier ist der Effekt für die Gelenke längst nicht so stark. Man muss die Stöcke übrigens fürs Bergaufgehen kürzer einstellen als fürs Bergabgehen. Mir ist das ständige Umstellen zu lästig – ich nehme die Stöcke bergauf lieber in die Hand.

Worauf sollte man beim Kauf achten?
Es ist sinnvoll, die Stöcke so leicht und so stabil wie möglich zu wählen. Mit dem Material Karbon lässt sich das heute gut verbinden. Was ganz praktisch ist: Unter den neueren Modellen gibt es Stöcke, die zusätzlich zum Griff noch etwas tiefer eine Griffstelle haben – dann kann man schnell mal tiefer greifen, statt die  Länge des Stocks zu justieren.

Welche Griffe empfehlen Sie?
Je weicher die Griffe gefedert sind, desto  mehr Kraft erfordert es, das gleiche Gewicht abzufangen, als ohne Federung. Das ermüdet Handgelenke und Schultergürtel. Die verschiedenen Griffe und Schlaufen sind aber vor allem Geschmacksache – da muss jeder ausprobieren, was sich am besten anfühlt. Je fester die Schlaufen sind und wenn sogar noch der Daumen mit eingebunden ist, desto größer ist die Verletzungsgefahr fürs Handgelenk, falls man stürzt.

Was bringt der gute alte Holzstab oder ein Ast, den man beim Wandern aufsammelt?
Auch der Holzstock kann beim Bergruntergehen gute Dienste leisten. Sollte man einseitige Beschwerden an Knie oder Hüfte haben, muss der Stock auf der gegenüberliegenden Körperseite eingesetzt werden.

Interview: Valeska Zepp

fairkehr 5/2023