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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Magazin 2/2015

Ausländermaut statt Verkehrspolitik

Die Pkw-Maut ist ausländerfeindlich, unsozial und hat keine ökologische Lenkungswirkung. 

Foto: VCDGerd Lottsiepen ist verkehrspolitischer Sprecher des VCD.

Wohl noch nie wurde ein ­Gesetzesvorhaben im Verkehrsbereich von der Fachwelt, den Medien und der Mehrheit der Bevölkerung derart eindeutig abgelehnt wie die Infrastrukturabgabe. Trotzdem hat der Bundestag sie beschlossen. Die CSU hatte 2013 mit der Pkw-Maut im Doppelwahlkampf für Landtag und Bundestag Stimmung gemacht. Die Bayern ­ärgerte, dass sie in Österreich und der Schweiz zahlen müssen, wenn sie auf die Autobahn fahren.

Bundeskanzlerin Angela Merkel schaltete sich ein, eine Maut dürfe deutsche Autofahrer nicht zusätzlich belasten. Die SPD akzeptierte die CSU-Maut, weil sie im Gegenzug dafür den Mindestlohn aushandeln konnte. Verkehrs­­­minister Alexander Dobrindt bekam die Aufgabe, eine Maut zu erfinden, die Geld in die Kassen spült, faktisch aber nur von Ausländern bezahlt wird und auch noch europarechtskonform ist.  

Das EU-Recht verlangt, dass jede Straßenmaut von Ausländern wie Inländern zu zahlen ist. Also musste eine Entlastung für in Deutschland zugelassene Pkw her. Jetzt soll die Kfz-Steuer gemindert werden, was zu klimapolitischen Absonderlichkeiten führt. Diesel-Pkw werden beispielsweise höher besteuert, weil sie bei der Mine­ralölsteuer begünstigt sind. Was nicht passt, wurde passend gemacht.  Die Maut kostet zwischen 16,20 und 130 Euro. Für Sport- oder Geländewagen mit einem Drei-Liter-Benzinmotor und ei­nem Verbrauch von zehn Litern pro 100 Kilometer werden 54 bis 60 Euro fällig, für den sparsamsten VW Golf Diesel mit ei­nem Verbrauch von 3,2 Litern 80 Euro. Dabei ist völlig egal, wie viel die Pkw fahren.

Keine Lenkungswirkung

Im März wurde das Gesetz durchgepeitscht: drei Anhörungen in den Bundestagsausschüssen für Verkehr, Finanzen und Haushalt in acht Tagen. Auch der VCD war dabei und brachte wie die meisten Experten seine Kritik ein. Doch es nützte alles nichts – auch nicht die zunehmende Gewissheit, dass die zu erwartenden Einnahmen von Dobrindt abenteuerlich hoch angesetzt sind. Viele Abgeordnete aus der SPD, aber auch aus der CDU, stimmten mit großen Bauchschmerzen aus Koalitionsräson zu – in der Hoffnung, dass die EU diese unsinnige Maut noch stoppt.

Die Maut ist ein bürokratisches Monster. Ihre Einführung verhindert auf lange Zeit vernünftige Maßnahmen zur Finanzierung der Infrastruktur, wie die Einführung einer gerechten, fahrleistungsabhängigen Maut mit ökologischer Lenkungswirkung.

Ach ja, vielleicht bleiben nach Abzug der hohen Erhebungskosten 100 oder 200 Millionen Euro übrig. Ein einziger Cent Mineralölsteuer bringt über 600 Millionen. Dafür könnte man viele Brücken ­sanieren.

Gerd Lottsiepen

fairkehr 5/2023